Dezember 2016
Inhalt
Feiertag innerhalb Urlaubszeitraum - Entgeltzahlungsanspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG
Anfechtung einer Betriebsratswahl wegen Fehler im Wahlausschreiben
Behindertenbegriff der RL 2000/78/EG - Feststellung des Merkmals der langfristigen Einschränkung
Massenentlassungsanzeige - Unterrichtung des Arbeitgebers kann in Textform erfolgen
Bereitschaftsbetreuung ist keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Arbeitsschutz und Digitalisierung
U.S. Trade Unions and German Subsidiaries
Bundestag billigt die AÜG-Reform - mit einigen überraschenden Änderungen
Umgang mit der Überlassungshöchstdauer nach der AÜG-Reform
Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Was ändert sich zum 1.4.2017?
AÜG-Reform: Angemessene Regelung der Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag
Rechtsprechung zum Arbeitskampfrecht in den Jahren 2013-2015
Dringend gebotene Reform des Arbeitszeitgesetzes - Neues wagen
Leitende Angestellte und das Arbeitszeitrecht - Betrachtungen de lege lata und de lege ferenda
Umkleidezeiten: Eine rechtliche, praktische und finanzielle Analyse
Folgen unwirksamer Versetzungsklauseln im Rahmen der Sozialauswahl
Gesetzlicher Insolvenzschutz bei Betriebsrenten aus Erfüllungsansprüchen
Rechtsprechungsupdate 2016 zum Recht der betrieblichen Altersversorgung
Feindliche Betriebsübernahme: Betriebsübergang der besonderen Art
Betriebsübergang beim Wechsel des Betreibers von Flüchtlingsunterkünften?
Betriebsverfassungsrecht und Unternehmensmitbestimmung
Keine entgrenzte Mitbestimmung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Mitbestimmung nach § 87 BetrVG bei Onsite-Werkverträgen
Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat
Die Datenschutz-Grundverordnung und nationale Regelungsmöglichkeiten für Beschäftigtendatenschutz
Sozialplanansprüche befristet Beschäftigter aus Gleichbehandlung?
Der Mindestlohnanspruch - Erste Rechtsprechung zum Mindestlohngesetz
(Keine) Vermutungsregelung beim Vorliegen des Pflegegrades 1
Pflicht des Arbeitgebers zur initiativen Urlaubgewährung?
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Diskussionsentwurf für das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ vorgestellt
Pressemitteilung des BMAS vom 29.11.2016
Bundesministerin Andrea Nahles hat auf der Abschlusskonferenz vom 29.11.2016 den Diskussionsentwurf für das Weißbuch Arbeiten 4.0 vorgestellt. Es analysiert die großen Trends und Gestaltungsbedarfe der Arbeitswelt 4.0 und identifiziert konkrete Lösungsansätze für Unternehmen, Beschäftigte, Sozialpartner, Verbände, Kammern, die Politik in Bund und Ländern sowie weitere Akteure. Das neue Leitbild "Gute Arbeit im digitalen Wandel" setzt an den Stärken des deutschen Wirtschafts- und Sozialmodells an und zielt auf eine sozial austarierte neue Arbeitswelt, die Sicherheit und Flexibilität bietet. Das Weißbuch Arbeiten 4.0, eine Zusammenfassung der Ergebnisse und alle Informationen zum Fortschrittsdialog sind auf der Internetseite www.arbeitenviernull.de zu finden.
(tr)
Bundesteilhabegesetz verabschiedet
Meldung des BMAS vom 16.12.2016
Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist nun eine der großen sozialpolitischen Reformen dieser Legislaturperiode verabschiedet worden. Das Gesetz schafft mehr Möglichkeiten und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen. Der Leistungskatalog der Eingliederungshilfe wird konkretisiert, Elternassistenz und Assistenz in der Weiterbildung und im Studium erstmalig ausdrücklich geregelt und neue Jobchancen in Betrieben für Werkstattbeschäftigte durch ein Budget für Arbeit geschaffen. Im Arbeitsumfeld werden die Vertretungsrechte für Schwerbehindertenvertretungen und Werkstatträte gestärkt.
Das Gesetz tritt in seiner 1. Stufe zum 1.1.2017 in Kraft.
Anmerkung: Das BTHG hat auch Auswirkungen auf den Kündigungsschutz schwerbehinderter Arbeitnehmer. Nach § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX n.F. ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, unwirksam. Diese Neuregelung ist bereits in Kraft getreten.
(tr)
Beschlüsse des Bundestages
204. Sitzung, 25.11.2016: Keine relevanten Beschlüsse.
205. Sitzung, 30.11.2016: Keine relevanten Beschlüsse.
206. Sitzung, 1.12.2016:
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz - BTHG) sowie Annahme des Gesetzentwurfs und Annahme des Entschließungsantrags (BT-Drs. 18/9522, 18/10528)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Das Teilhaberecht menschenrechtskonform gestalten“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/10523, 18/10014)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Mit dem Bundesteilhabegesetz volle Teilhabe ermöglichen“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/10523, 18/9672)
- Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE „Zeit für einen Kurswechsel - Rentenniveau deutlich anheben" und Überweisung an Ausschüsse (BT-Drs. 18/10471)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Rentenniveau anheben - Für eine gute, lebensstandardsichernde Rente“ und Annahme der Beschlussempfehlung sowie Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/10517, 18/6878)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Die Wahl von Betriebsräten erleichtern und die betriebliche Interessenvertretung sicherstellen“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/7595, 18/5327)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Mehr Betriebsrätinnen und Betriebsräte braucht das Land“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/7595, 18/2750)
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch sowie Annahme des Gesetzesentwurfs und Ablehnung des Entschließungsantrags (BT-Drs. 18/10211, 18/10533)
207. Sitzung, 2.12.2016: Keine relevanten Beschlüsse.
208. Sitzung, 14.12.2016: Keine relevanten Beschlüsse.
209. Sitzung, 15.12.2016:
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Abschaffung der Zwangsverrentung von SGB -II-Leistungsberechtigten“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/5434, 18/589)
- Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE „Gute Arbeit in der Pflege - Personalbemessung in der Altenpflege einführen“ und Überweisung an die Ausschüsse (BT-Drs. 18/9122)
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „Gute Arbeit - Gute Versorgung: Mehr personal in Gesundheit und Pflege“ sowie Annahme der Beschlussempfehlung und Ablehnung des Antrags (BT-Drs. 18/10664, 18/7568)
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung sowie Annahme des Gesetzentwurfes (BT-Drs. 18/9958)
- Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz - SoKaSiG) und Überweisung an die Ausschüsse (BT-Drs. 18/10631)
(tr)
Beschlüsse des Bundesrates
952. Sitzung, 16.12.2016:
- Zustimmung und Entschließung zum Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) (BR-Drs. 711/16)
- Zustimmung zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (BR-Drs. 712/16)
- Zustimmung zum Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (BR-Drs. 714/16)
- Zustimmung zur Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Anzeige von Versicherungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung-Änderungsverordnung - UVAV-ÄndV) (BR-Drs. 644/16)
- Ausschusszuweisung zur Entschließung des Bundesrates zur Weiterführung des Gesetzgebungsverfahrens zum Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG) (BR-Drs. 755/16)
(tr)
Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt
Teil I Nr. 56-60:
- Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2017 (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2017) vom 28.11.2016 (BGBl. I Nr. 56, S. 2665)
- Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen vom 30.11.2016 (BGBl. I Nr. 56, S. 2681)
- Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 8.12.2016 (BGBl. I Nr. 59, S. 2838)
Teil II Nr. 33-35: Keine relevanten Veröffentlichungen.
(tr)
Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU (Teil L) Ausgaben L 321 bis 344
- Beschluss (EU) 2016/2111 des Rates vom 28. November 2016 über die Ernennung eines belgischen Mitglieds des Beratenden Ausschusses für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (L 327, S. 77)
- Durchführungsverordnung (EU) 2016/2236 der Kommission vom 12. Dezember 2016 zur Festlegung der technischen Merkmale des Ad-hoc-Moduls 2018 über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (L 337, S. 6)
(tr)
Vorrang der Individualabrede - Geltung auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen
BAG, Urteil vom 24.8.2016 - 5 AZR 129/16 - Leitsatz
Eine Individualabrede geht Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Dieser Vorrang gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen.
(dl)
Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge In-vitro-Fertilisation - Anforderungen an anspruchsausschließendes Verschulden „gegen sich selbst“
BAG, Urteil vom 26.10.2016 - 5 AZR 167/16 - Leitsätze
Bezugspunkt des anspruchsausschließenden Verschuldens i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 EFZG ist das Interesse des Arbeitnehmers, seine Gesundheit zu erhalten und zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankungen zu vermeiden.
Die Erfüllung eines Kinderwunsches betrifft die individuelle Lebensgestaltung des Arbeitnehmers und nicht das nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG vom Arbeitgeber, als gesetzlicher Ausgestaltung seiner Fürsorgepflicht, zeitlich begrenzt zu tragende allgemeine Krankheitsrisiko.
(dl)
Feiertag innerhalb Urlaubszeitraum - Entgeltzahlungsanspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG
BAG, Urteil vom 26.10.2016 - 6 AZR 456/15 - Leitsätze
Fällt ein gesetzlicher Feiertag in einen Urlaubszeitraum, besteht für den Feiertag Anspruch auf Entgeltzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG.
(dl)
Arbeitszeugnis - AN kann auch Korrektur eines zu positiven Zeugnisses mit ironisierendem Charakter verlangen
LAG Hamm, Beschluss vom 14.11.2016 - 12 Ta 475/16 - Leitsätze
Haben die Parteien im Vergleich im Zusammenhang mit der Zeugniserteilung vereinbart, dass der Arbeitnehmer ein Vorschlagsrecht hat, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf, haben sie zulässigerweise die Formulierungshoheit auf den Arbeitnehmer übertragen.
Weicht der Arbeitgeber vom Entwurf durch Steigerungen nach „oben“ ab, ist der titulierte Zeugnisanspruch nicht erfüllt, wenn sich aus dem Gesamteindruck des Zeugnisses ergibt, dass die Bewertungen durch ihren ironisierenden Charakter nicht ernstlich gemeint sind.
(dl)
Sachgrundlose Befristung - Vorheriges Heimarbeitsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 13 Abs. 2 S. 2 TzBfG
BAG, Urteil vom 24.8.2016 - 7 AZR 625/15 - Leitsatz
Ein früheres Heimarbeitsverhältnis steht der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht entgegen. Ein Heimarbeitsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.
(dl)
Facebook-Auftritt des AG - Mitbestimmung des Betriebsrats bezüglich der Veröffentlichung von Postings Dritter mit Bezug zu Leistung und Verhalten von Arbeitnehmern
BAG, Beschluss vom 13.12.2016 - 1 ABR 7/15 - Pressemitteilung Nr. 64/16
Ermöglicht der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von sogenannten Besucher-Beiträgen (Postings), die sich nach ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats.
(dl)
Neugewählter Betriebsrat - Kein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds wegen in abgelaufener Amtszeit begangener grober Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten
BAG, Beschluss vom 27.7.2016 - 7 ABR 14/15 - Leitsatz
Ein Betriebsratsmitglied kann nach der Neuwahl des Betriebsrats nicht wegen einer in der abgelaufenen Amtszeit begangenen groben Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem neu gewählten Betriebsrat ausgeschlossen werden.
(dl)
Freiwillige Betriebsvereinbarung: Erweiterung der Mitbestimmung bei Versetzungen möglich - Keine Befugnis zur Freistellung von Pflicht zur Nennung konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe
BAG, Beschluss vom 23.8.2016 - 1 ABR 22/14 - Leitsätze
Die Betriebsparteien können durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbaren, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht auf die gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt ist.
Die Betriebsparteien sind nicht befugt, den Betriebsrat von seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Nennung konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe freizustellen.
(dl)
Anfechtung einer Betriebsratswahl wegen Fehler im Wahlausschreiben
ArbG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2016 - 2 BV 286/16 - Pressemittelung Nr. 76/16
Eine Betriebsratswahl ist nicht nichtig, aber anfechtbar, wenn im Wahlausschreiben unterschiedliche Angaben zur Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder gemacht und zudem einerseits für alle Arbeitnehmer Briefwahl angeordnet, andererseits aber ein Wahltermin für die Stimmabgabe festgelegt wurde und weiterhin der Versand der Wahlunterlagen unterblieb.
(dl)
„Zufallsfund“ aus verdeckter Überwachung zur Straftatenaufdeckung - Verwertung für Entscheidung über Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses kann zulässig sein
BAG, Urteil vom 22.9.2016 - 2 AZR 848/15 - Leitsatz
Die Verwertung eines "Zufallsfundes" aus einer gem. § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG gerechtfertigten verdeckten Videoüberwachung kann nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zulässig sein.
(dl)
Behindertenbegriff der RL 2000/78/EG - Feststellung des Merkmals der langfristigen Einschränkung
EuGH, Urteil vom 1.12.2016 - Rs. C-395/15 (Daouidi)
Der Umstand, dass eine Person aufgrund eines Arbeitsunfalls auf unbestimmte Zeit vorübergehend arbeitsunfähig im Sinne des nationalen Rechts ist, bedeutet für sich allein nicht, dass die Einschränkung der Fähigkeit dieser Person als „langfristig“ gemäß der Definition der „Behinderung“ im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG qualifiziert werden kann.
Zu den Anhaltspunkten dafür, dass eine Einschränkung „langfristig“ ist, gehören u. a. der Umstand, dass zum Zeitpunkt des angeblich diskriminierenden Geschehnisses ein kurzfristiges Ende der Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen nicht genau absehbar ist, oder der Umstand, dass sich die Arbeitsunfähigkeit bis zur Genesung des Betroffenen noch erheblich hinziehen kann.
Die nationalen Gerichte müssen sich bei der Überprüfung dieser Langfristigkeit auf alle ihnen bekannten objektiven Gesichtspunkte stützen, insbesondere auf Unterlagen und Bescheinigungen über den Zustand des Betroffenen, die auf aktuellen medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen und Daten beruhen.
(tk)
Massenentlassungsanzeige - Unterrichtung des Arbeitgebers kann in Textform erfolgen
BAG, Urteil vom 22.9.2016 - 2 AZR 276/16 - Leitsatz
Die Unterrichtung des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 KSchG kann in Textform (§ 126b BGB) erfolgen.
(dl)
EuGH Vorlage des LAG-Berlin-Brandenburg zur Auskunftspflicht beherrschender Unternehmen bei einer Massenentlassung
LAG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 24.11.2016 - 10 Sa 284/16, 10 Sa 490/17, 10 Sa 491/16 - Pressemitteilung Nr. 38/16
Das LAG Berlin-Brandenburg hat dem EuGH mehrere Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer Massenentlassung von Beschäftigten der Fluggastabfertigung vorgelegt.
Es sei zum einen bisher nicht geklärt, ob eine „Entscheidung über die Massenentlassungen“ nur die unmittelbare Entscheidung oder auch eine mittelbare Entscheidung sei, die ein abhängiges Unternehmen zur Vornahme von Entlassungen bewege.
Zum anderen sei klärungsbedürftig, ob nur ein Unternehmen, dessen Einfluss über Beteiligungen und Stimmrechte abgesichert ist, als beherrschendes Unternehmen anzusehen sei oder ob auch ein vertraglich oder faktisch abgesicherter Einfluss natürlicher Personen, zum Beispiel über Weisungsmöglichkeiten, ausreiche.
Weiter sei nicht geklärt, welche Informationen in solchen Fällen erteilt werden müssten, damit der Betriebsrat tatsächlich in die Lage versetzt werde, sinnvoll über eine Vermeidung von Massenentlassungen zu verhandeln.
(dl)
Außerordentliche Kündigung - Beharrliches Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann wichtigen Grund für Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Angestellten sein
LAG Hamburg, Urteil vom 2.11.2016 - 5 Sa 19/16 - Leitsatz
Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann ein wichtiger Grund an sich für eine fristlose Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Angestellten sein.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird dann auch im Rahmen der Interessenabwägung nicht mehr verhindert, wenn sich dieser Vertragsverstoß als Glied in einer Reihe weiterer Vertragsverstöße darstellt und Abmahnungen vorliegen, die Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen rügen.
(dl)
Bereitschaftsbetreuung ist keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
SG Dresden, Urteil vom 15.11.2016 - S 33 R 773/13 - Pressemitteilung vom 7.12.2016
Eine Bereitschaftsbetreuerin, die Kinder in Krisensituationen für das Jugendamt aufnimmt, ist nicht gesetzlich sozialversichert.
Nach Würdigung der Gesamtumstände handelt es sich bei einer Bereitschaftsbetreuung um keine Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV. Zwar ist eine Bereitschaftsbetreuerin an weitgehende Vorgaben des Jugendamtes gebunden. Jedoch bleiben ihr auch Freiheiten bei der Ausgestaltung der Betreuung. Auch die vertragliche Mitverpflichtung des Ehepartners und das geringe Betreuungsgeld sprechen gegen eine abhängige Beschäftigung.
(dl)
Unternehmensverschmelzung - Zur Weitergeltung eines Haustarifvertrages bei bisher tariflosem aufnehmendem Rechtsträger
BAG, Urteil vom 15.6.2016 - 4 AZR 805/14 - Leitsatz
Wird ein Unternehmen, bei dem ein Haustarifvertrag gilt, nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf ein anderes Unternehmen verschmolzen, gilt der Haustarifvertrag beim aufnehmenden - bisher tariflosen - Rechtsträger weiter. Dieser ist damit tarifgebunden i.S.v. § 3 Abs. 1 TVG, so dass der Haustarifvertrag grundsätzlich auch für die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft gilt.
(dl)
Allgemeinverbindlichkeitserklärungen der Soka-Bau Tarifverträge unwirksam - BAG zu Anforderungen an eine wirksame Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf Grundlage des § 5 TVG a.F.
BAG, Beschluss vom 21.9.2016 - 10 ABR 48/15 - Leitsätze
Das Erfordernis einer aktenkundigen zustimmenden Befassung des zuständigen Ministers mit der Allgemeinverbindlicherklärung vor deren Erlass ist erfüllt, wenn die Bundesregierung auf dessen Kabinettvorlage dem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 Abs. 3 TVG zustimmt.
Zur Bestimmung der sog. Kleinen Zahl nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TVG a.F. ist vorrangig die tatsächliche Anzahl der bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigen Arbeitnehmer zu ermitteln. Es kann auch eine sorgfältige Schätzung ausreichen, deren Grundlagen aufzuklären sind. Das zuständige Ministerium darf sich nicht auf eine rechnerische Kontrolle von Additionen beschränken.
(dl)
EuGH-Vorlage des BAG: Drohender Verfall von Urlaub zum Jahresende - Müssen Arbeitgeber Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers ohne Antrag von sich aus erfüllen?
BAG, Beschluss vom 13.12.2016 - 9 AZR 541/15 (A) - Pressemitteilung Nr. 63/16
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen vorgelegt:
1. Steht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) oder Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) einer nationalen Regelung wie der in § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entgegen, die als Modalität für die Wahrnehmung des Anspruchs auf Erholungsurlaub vorsieht, dass der Arbeitnehmer unter Angabe seiner Wünsche bezüglich der zeitlichen Festlegung des Urlaubs diesen beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht, und die den Arbeitgeber damit nicht verpflichtet, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen?
2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird:
Gilt dies auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand?
(dl)
Arbeitsschutz und Digitalisierung
RiArbG Dr. Bernd Wiebauer, Nürnberg, NZA 2016, 1430-1436
Der Autor diskutiert in seinem Beitrag, ob und inwiefern die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt Reformen im Bereich des Arbeitsschutzes nötig mache. Insgesamt könne man mit dem geltenden Arbeitsschutzrecht den durch die fortschreitende Digitalisierung entstehenden Risiken und Gefährdungen der AN bereits adäquat begegnen. Allerdings sei an Stellen, an denen sich die Rahmenbedingungen aufgrund der Digitalisierung besonders stark geändert haben, eine behutsame Deregulierung insbesondere der absoluten Grenzen des ArbZG dienlich. Dies gelte, sofern die AN diese tatsächlich eigenverantwortlich gestalten könnten, insbesondere bezüglich der täglichen Arbeitszeit. Auch sollten die AG - zum Schutze gegen arbeitsbedingte psychische Belastungen - Verordnungen bzgl. des Umgangs mit ständiger Erreichbarkeit bzw. der Trennung von Arbeit und Freizeit schaffen.
(tl)
U.S. Trade Unions and German Subsidiaries
Wilma B. Liebman, New Brunswick, SR 2016, 143-157
Die Autorin erläutert anhand ausgewählter Beispiele die Praxis deutscher Tochterunternehmen in den USA bzgl. der kollektiven Regelung von Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus geht sie auch auf das allgemeine System der kollektiven Arbeitsbeziehungen in den USA ein und stellt dabei die erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesstaaten im Norden und Süden der USA heraus.
(tl)
No-Go für Pokémon Go? - Abwehransprüche von Betriebsinhabern gegen Betreiber von augmented-reality-Software
Steffen Jacobs/Benjamin Lotz/Prof. Dr. Frank Maschmann, Regensburg, BB 2016, 2997-2999
Anlässlich der im Sommer 2016 in Deutschland auf große Aufmerksamkeit gestoßenen Smartphone-App „Pokémon Go“ gehen die Autoren der Frage nach, ob dem AG gegen die Betreiber sog. augmented-reality-Software Abwehransprüche zustehen. Einleitend werden zunächst die Probleme und Gefahren dargestellt, die sich aus der Nutzung der Spiele-App am Arbeitsplatz ergeben können. Davon ausgehend wird kurz auf die Möglichkeit des AG eingegangen, den AN die Nutzung der App am Arbeitsplatz zu verbieten. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt sodann allerdings auf der Frage, ob der AG den Betreibern einer solchen Spiele-App z.B. untersagen kann, auf dem Betriebsgelände virtuelle Spielfiguren zu generieren, so dass eine Nutzung des Spiels dort nicht möglich ist. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass ein solcher Anspruch aus einer analogen Anwendung des § 1004 BGB folgt. Der Softwarebetreiber verleite die AN kollektiv zum Vertragsbruch und greife damit in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des AG ein.
(tk)
Bundestag billigt die AÜG-Reform - mit einigen überraschenden Änderungen
RAe Dr. Alexander Bissels/Kira Falter, Köln, DB 2016, 2789-2790
Die Autoren stellen die jüngsten Änderungen am nunmehr verabschiedeten Gesetzesentwurf zur AÜG-Reform überblicksartig dar. Insbesondere gehen sie auf die angepassten inhaltlichen Voraussetzungen der in § 9 Abs. 2 AÜG-E normierten Festhaltensregel ein. Auch solle das Gesetz nicht wie geplant am 1.1.2017, sondern erst am 1.4.2017 in Kraft treten.
(tl)
Umgang mit der Überlassungshöchstdauer nach der AÜG-Reform
RAe Dr. Daniel Hund, LL.M.(NYU)/Elisabeth Weiss, München, DB 2016, 2903-2907
Anlässlich der Verabschiedung der AÜG-Reform thematisieren die Autoren die praktische Umsetzung der Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Zunächst vergleichen sie die alte Rechtslage mit den Neuerungen und verschaffen einen Überblick über die Folgen bei Überschreitung der Höchstdauer. Da sich die Sanktionen im Einzelfall als sehr drastisch erweisen können, werden Vorschläge zur Vermeidung gemacht. Anschließend untersuchen die Autoren Gestaltungsmöglichkeiten um von der Höchstdauer abzuweichen.
(fd)
Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Was ändert sich zum 1.4.2017?
RAe Kerstin Neighbour/Matthes Schröder, Frankfurt/Hamburg, BB 2016, 2869-2874
Im vorliegenden Beitrag widmen sich die Autoren der Reformierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Die Neufassung des AÜG wird zum 1.4.2017 in Kraft treten. Dadurch wird es in fünf für die Praxis zentralen Bereichen zu wesentlichen Änderungen der Rechtslage kommen. Die Autoren stellen die relevanten Änderungen des AÜG unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtslage dar. Näher betrachtet werden hierbei u.a. die künftige Höchstüberlassungsdauer, die Verschärfung des Equal-Pay Grundsatzes und das neue Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher. Zudem werden jeweils konkrete Empfehlungen zum Umgang mit den neuen gesetzlichen Vorgaben gegeben.
(tr)
AÜG-Reform: Angemessene Regelung der Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag
RA Prof. Dr. Hansjuergen Tuengerthal, Mannheim, BB 2016, 2875-2876
In diesem kurzen Beitrag wird auf die Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag nach der Reform des AÜG eingegangen. Hierzu wird insbesondere die Neufassung des § 1 AÜG ausführlich untersucht, in der nun neben der Regelung der Erlaubsnispflicht auch der Begriff der „Arbeitnehmerüberlassung“ selbst erläutert wird. Anschließend geht der Autor auf die vorgesehene Abgrenzung des Einsatzes Einzelner in § 611a BGB n.F. ein. Abschließend stellt der Verfasser fest, dass es durch diese neue Regelung im Ergebnis zu keiner Veränderung der Rechtslage komme, da für die Abgrenzung stets eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände maßgeblich bleibe und auf diese Weise auf die bisher von der Rechtsprechung zugrundegelegten Grundsätze zur Abgrenzung abzustellen sei.
(tr)
Rechtsprechung zum Arbeitskampfrecht in den Jahren 2013-2015
RAe Dr. Paul Melot de Beauregard, LL.M/Maximilian Baur, München, NZA-RR 2016, 617-622
Die Autoren stellen die Entwicklung der Rechtsprechung zum Arbeitskampfrecht in den Jahren 2013 bis 2015 systematisch dar und zeigen die Auswirkungen für die Praxis auf. Im Einzelnen wird u.a. auf die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Arbeitskampfes, insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses eines tariflich regelbaren Ziels, auf die Durchführung und die Rechtsfolgen eines Arbeitskampfes sowie auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen eingegangen. Nach Ansicht der Autoren sind im Berichtszeitraum einige wegweisende Entscheidungen ergangen. Weitere Entwicklungen deuteten sich für die Zukunft an. Insbesondere sei mit Spannung zu erwarten, ob die Instanzgerichte dem LAG Hessen folgen und sich bei der Ermittlung der Streikforderung vom formellen Streikbeschluss lösen. Ferner sei im Hinblick auf Schadensersatzansprüche nach einem Arbeitskampf mit weiteren Entwicklungen zu rechnen.
(tk)
Dringend gebotene Reform des Arbeitszeitgesetzes - Neues wagen
RAe Dr. Alexander Bissels/Dr. Hannah Krings, Köln/Düsseldorf, NJW 2016, 3418-3422
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts im Jahre 1994 hat sich die Arbeitswelt grundlegend verändert. Dies lasse eine zumindest partielle Gesetzesreform des ArbZG notwendig werden, da der Schutzzweck des Arbeitszeitrechts in einigen Bereichen inzwischen - zu Lasten der Selbstbestimmung bestimmter Arbeitnehmergruppen - verfehlt werde. Die Autoren arbeiten nach Darlegung der aktuellen rechtlichen Ausgangslage zunächst reformbedürftige Bereiche des Arbeitszeitrechts heraus. Im Anschluss diskutieren sie mögliche Legaldefinitionen von Arbeitnehmergruppen, bezüglich derer Sonderregelungen im ArbZG bzw. mangels Schutzbedürftigkeit eine gänzliche Herausnahme aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes angebracht seien. Die so skizzierten Neuregelungen sind nach Ansicht der Autoren (auch im Hinblick auf europarechtliche Vorgaben) nicht nur geboten, sondern auch rechtlich umsetzbar.
(tl)
Leitende Angestellte und das Arbeitszeitrecht - Betrachtungen de lege lata und de lege ferenda
Prof. Dr. Martin Henssler/Prof. Dr. Stefan Lunk, Köln/Hamburg/Kiel, NZA 2016, 1425-1430
Ausgehend von § 18 Abs. 1 ArbZG und des dieser Regelung zugrunde liegenden Art. 17 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG erläutern die Autoren die Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuregelung des Begriffes des leitenden Angestellten. Insbesondere hinsichtlich der normativen Anforderungen an die Anerkennung von leitenden Angestellten sei die Gesetzeslage diffus, was an den nicht deckungsgleichen Begriffen innerhalb verschiedener Gesetze (z.B. KSchG und BetrVG) und auch nicht zuletzt an der Neueinführung von Sonderregeln für Wirtschaftsprüfer in § 45 WPO sowie der Kreation neuer Führungsgruppen wie „Risk-Taker“ liege. Da eine Falscheinordnung aber vor allem hinsichtlich des Arbeitszeitrechts erhebliche Konsequenzen (bis hin zur Strafrechtsrelevanz) nach sich ziehe, sei die uneinheitliche bisherige Rechtslage unbefriedigend. Zur Lösung dieser Problematik erarbeiten die Autoren - nach Darstellung der bisherigen Rechtslage mitsamt ihrer Schwächen sowie Betrachtung unionsrechtlicher Vorgaben und rechtsvergleichender Ansätze - einen Vorschlag zur Reform des § 18 Abs. 1 ArbZG.
(tl)
Freie Arbeitszeiteinteilung von Wissensarbeitern - Selbstbestimmung oder Ausbeutung? - Ein Lösungsvorschlag für einen neuen Umgang mit der Ruhezeitenregelung des § 5 Abs. 1 ArbZG
Natalie Maier, LL.M., Kassel, DB 2016, 2723-2728
Sog. Wissensarbeiter, d.h. Beschäftigte, mit einem hohen Grad an Kompetenz, Bildung und/oder Erfahrung, verfügen über einen gewissen Grad an Autonomie hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung. Dies führe zwar einerseits zu mehr Flexibilität, aber andererseits auch dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen. Nach einer grundsätzlichen Qualifizierung der Wissensarbeiter als AN i.S.d. ArbZG untersucht die Autorin, ob sich auch die erweiterte berufsbezogene Erreichbarkeit der Wissensarbeiter als Arbeitszeitform i.S.d. Gesetzes erfassen lässt. Im Ergebnis sei diese als Rufbereitschaft einzuordnen. Schwerpunktartig beschäftigt sich die Autorin mit der Erarbeitung von Lösungsansätzen bzgl. eines neuen Umgangs mit der Ruhezeitenregelung des § 5 Abs. 1 ArbZG im Zusammenhang mit Wissensarbeitern. Als Optionen sieht sie zum einen die Einräumung von Regelungsbefugnissen der Betriebsparteien für von der Norm abweichende Regelungen zur flexibleren Ruhezeitgestaltung. Zum anderen würde auch die Bereitstellung von technischen Hilfsmitteln zur Steuerung der Kommunikation und Erreichbarkeit den Sinn und Zweck der Ruhezeitenregelung erfüllen.
(tl)
Umkleidezeiten: Eine rechtliche, praktische und finanzielle Analyse
RAe E. Michael Andritzky/Dr. Andreas Schneedorf, Hannover/Lehrte, NZA 2016, 1379-1382
Die Verfasser beschäftigen sich mit der Vergütungspflicht von Umkleide- und Wegezeiten, die seit der sogenannten „IKEA-Entscheidung“ des BAG vom 10.11.2009 (1 ABR 54/08) besteht. Zunächst erläutern sie die wirtschaftlichen und praktischen Konsequenzen für betroffene Unternehmen. Durch die neue Rechtsprechungslinie des BAG entstehe eine hohe Kostenbelastung für die Unternehmen. Anschließend wenden sich die Autoren den rechtlichen Grundlagen zu. Nach ihrer Ansicht ist die rechtliche Begründung des BAG dogmatisch nicht tragfähig. Juristisch und wirtschaftlich wünschenswert sei eine Rückkehr zur alten Rechtsprechung, die sauber zwischen den verschiedenen Arbeitszeitbegriffen differenziert habe. Unterdessen sei den Tarifvertragsparteien zu raten, klare Regelungen zu treffen, um der durch die neue Rechtsprechung entstandenen Rechtsunsicherheit zu begegnen.
(sas)
Folgen unwirksamer Versetzungsklauseln im Rahmen der Sozialauswahl
RA Marc Repey, Berlin, NZA 2016, 1444-1446
Der Autor nimmt kritisch Stellung zu einem Aufsatz von Zaumseil (NZA 2016, 1112), wonach sich AG im Rahmen der Sozialauswahl auf die Unwirksamkeit ihrer eigenen Versetzungsklauseln berufen können sollen. Zaumseil begründe und rechtfertige dies mit praktischen Erwägungen und mit einem erhöhten Prozessrisiko für den AG. Nach Ansicht des Verfassers ist der Auffassung von Zaumseil zu widersprechen. Die Unfähigkeit des AG, eine wirksame Vertragsklausel zu gestalten, dürfe nicht zu Lasten des AN gehen. Ein erhöhtes Prozessrisiko sei notwendige und richtige Folge einer unwirksamen Vertragsgestaltung durch den AG.
(sas)
Betriebsrentenrechtliche Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers - Vorsteuer- oder Nachsteuerbetrachtung?
RA Theodor B. Cisch/Dipl.-Kfm. Thomas Weppler, Wiesbaden, BB 2016, 2805-2810
Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des ein betriebliches Altersversorgungssystem unterhaltenden Arbeitgebers kann sowohl im Rahmen der Anpassung von Betriebsrenten, als auch in Fällen der verschlechternden Neuordnung betrieblicher Versorgungssysteme Bedeutung erlangen. Die Autoren widmen sich der Klärung der umstrittenen Frage, ob diese Beurteilung im Rahmen einer vorsteuerlichen oder nachsteuerlichen Betrachtung zu erfolgen hat. Dies wird im Hinblick auf beide genannten Situationen ausführlich diskutiert. Im Ergebnis sei bei Betriebsrentenanpassungen eine Betrachtung im Rahmen einer unternehmensbezogenen Gesamtschau maßgeblich, während die Frage, ob diese im Wege einer Vor- oder Nachsteuerbetrachtung erfolge, nicht entscheidend sei. Bei einer verschlechternden Neuordnung des Versorgungswerks hingegen, sei die wirtschaftliche Lage im Wege einer Nachsteuerbetrachtung zu ermitteln.
(tl)
Die Befreiung von der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG - alles eine Frage der Rückwirkung?
RA Dr. René Döring, Frankfurt a.M./München, BB 2016, 2933-2938
Der Autor widmet sich dem zeitlichen Geltungsbereich der Ausnahmeregelung des zum 1.1.2016 in Kraft getretenen § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG. Er betont, dass die Attraktivität der Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung für den AG aus Gründen der Planungssicherheit maßgeblich von der Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht abhänge. Einleitend werden die Hintergründe der Ausnahmeregelung und des Streits um ihre zeitliche Wirkung dargestellt. Im Wege der Auslegung der Norm unter Berücksichtigung des Wortlautes, des gesetzgeberischen Willens und des Zweckes der Neuregelung, spricht sich der Autor für eine Rückwirkung aus. Dieses Ergebnis sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt nach Ansicht des Autors nicht vor.
(fd)
Gesetzlicher Insolvenzschutz bei Betriebsrenten aus Erfüllungsansprüchen
Prof. Dr. Reinhold Höfer, Luzern, DB 2016, 2843-2845
Im vorliegenden Beitrag geht es um den gesetzlichen Insolvenzschutz bei Betriebsrenten aus Erfüllungsansprüchen. Nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG steht der AG für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Der Autor geht der Frage nach, wie der AG seiner Einstandspflicht aus dem Erfüllungsanspruch zu genügen hat und ob durch Direktzahlungen an den Versorgungsempfänger der gesetzliche Insolvenzschutz aus § 7 BetrAVG herbeigeführt wird. Es wird dabei nicht nur auf die bisherige Rechtsprechung zur Insolvenzsicherung des Erfüllungsanspruchs eingegangen, sondern auch die Einstandspflicht des PSVaG (Pensions-Sicherungs-Verein) thematisiert. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass, wenn der Erfüllungsanspruch aus § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG durch eine unmittelbare Zahlungsverpflichtung des AG zugunsten des AN entsteht, eine gesetzlich verordnete unmittelbare Versorgungszusage vorliegt, die den Insolvenzschutz des Betriebsrentengesetzes auslöst.
(tr)
Rechtsprechungsupdate 2016 zum Recht der betrieblichen Altersversorgung
RiArbG a.D. Dr. Volker Matthießen, Offenbach/M., DB 2016, 2783-2787
Der Autor gibt einen Überblick über die Rechtsprechung des BAG bzgl. des Rechts der betrieblichen Altersversorgung des vergangenen Jahres 2016. Wie schon in den vorausgegangenen Jahren, lag auch in diesem Jahr der Schwerpunkt der BAG-Rechtsprechung im Bereich der Anpassung von Betriebsrenten und der Änderung von Versorgungszusagen.
(tl)
Feindliche Betriebsübernahme: Betriebsübergang der besonderen Art
RAe Matthias Dimsic/Stefan Schwarz, Koblenz, NZA 2016, 1436-1441
Die Verfasser beschäftigen sich mit unbeantworteten Fragestellungen, die sich bei einem feindlichen- sich also ohne Zustimmung und Mitwirkung des ehemaligen Betriebsinhabers vollziehenden - Betriebsübergang stellen. Beleuchtet wird zunächst die Frage nach einem Anspruch des Betriebsübernehmers auf Herausgabe der Personalakten bzw. auf die Erstellung einer Fotokopie der Akten. Ferner wird darauf eingegangen, inwiefern Vereinbarungen zwischen den AN und dem früheren Betriebsinhaber wirksam sind, durch welche die Arbeitsbedingungen der AN zum Nachteil des Betriebsübernehmers verbessert werden. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage aufgeworfen, ob sich der Betriebsübernehmer von AN trennen kann, die ihre Arbeitsbedingungen zu seinem Nachteil in kollusivem Zusammenwirken mit dem früheren Inhaber verbessert haben. Weiter setzen sich die Verfasser mit der Frage auseinander, ob der Betriebsübernehmer gegen den früheren Inhaber einen Anspruch auf Ausgleich der vor dem Betriebsübergang entstandenen Ansprüche der AN auf Gewährung von Urlaub hat. Schließlich wird auf mögliche Probleme hinsichtlich der Zuordnung von Personal eingegangen, die durch Personalverschiebungen durch den früheren Inhaber im Rahmen von feindlichen Teilbetriebsübergängen entstehen können.
(tk)
Betriebsübergang beim Wechsel des Betreibers von Flüchtlingsunterkünften?
RA Prof. Dr. Thomas Kania, Köln/Bonn, NZA 2016, 1441-1444
Der Autor widmet sich der Frage, ob es sich bei einem Betreiberwechsel im Rahmen der Neuausschreibung von Erstaufnahmeeinrichtungen aus arbeitsrechtlicher Sicht um einen Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB handelt, wenn der neue Betreiber die früheren AN nicht übernimmt. Nach Ansicht des Autors spricht auf Grundlage der Rechtsprechung des BAG und des EuGH viel dafür, von einem Betriebsübergang auszugehen. Der neue Betreiber nutze weiterhin die vom Land zur Verfügung gestellten zentralen materiellen Betriebsmittel für den Betrieb der Flüchtlingsunterbringungseinrichtung, namentlich die Räumlichkeiten nebst Heizung, Wasser und elektrischer Energie. Zudem stünden einer grundlegenden Änderung der Organisation - jedenfalls im Land NRW - die detaillierten Ausschreibungsbedingungen entgegen.
(sas)
Betriebsverfassungsrecht und Unternehmensmitbestimmung
Keine entgrenzte Mitbestimmung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
RAe Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer/Dr. Jens Günther/Dr. Matthias Böglmüller, Stuttgart/München, NZA 2016, 1361-1368
Mit der zunehmenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen werden auch neue Gefahren geschaffen, sodass Fragen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes mehr Bedeutung erlangen. Zur Gewährleistung eines effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes der AN sei daher die Mitbestimmung des Betriebsrates von Nöten. Andererseits solle die unternehmerische Freiheit auch nicht mehr als notwendig beschränkt werden. Das Arbeitsschutzrecht räumt dem Betriebsrat Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte ein, jedoch seien Reichweite und Umfang derselben in diesem Spannungsfeld nach dem Wortlaut oft unklar, was die Gefahr einer zu weitgehenden Einschränkung der unternehmerischen Freiheit berge. Der Klärung dieser Problemstellung widmen sich die Autoren in ihrem Beitrag. Hierzu werden zunächst die Grundsätze zur Mitbestimmung im Arbeits- und Gesundheitsschutz dargestellt. Anschließend wird ausführlich die Frage nach einer Entgrenzung der Mitbestimmung thematisiert, was u.a. im Hinblick auf atypische Beschäftigungsformen, Generalklauseln sowie Gefährdungsbeurteilungen mitsamt auf solchen aufbauender Maßnahmen und Regelungen geschieht.
(tl)
Mitbestimmung nach § 87 BetrVG bei Onsite-Werkverträgen
Prof. Dr. Wolfgang Hamann/Dipl.-Kffr. Tanja Rudnik, Duisburg/Essen, NZA 2016, 1368-1374
Die Autoren setzen sich kritisch mit einer jüngeren Entscheidung des BAG auseinander, nach welcher die Mitbestimmung nach § 87 BetrVG bei Onsite-Werkverträgen von dem beim Vertragsarbeitgeber vorhandenen Betriebsrat im Zuge der Entsendeentscheidung wahrgenommen wird. Nach Meinung der Autoren werden Onsite-Werkvertragsarbeitnehmern gerade zur Substitution von Stammarbeitnehmern in Kernfunktionen des Betriebs eingesetzt und sind daher den dortigen Gegebenheiten mitunter über lange Zeiträume eingesetzt. Demnach stünden dem Betriebsrat des Einsatzbetriebs auch bzgl. dieser Arbeitnehmergruppe Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG zu. Dies betreffe insbesondere Weisungen, die den Bereichen der § 87 I Nr. 1, 6 und 7 BetrVG zuzuordnen sind. Auch seien im Hinblick auf die damit verbundene Legitimationsfrage solche Mitarbeiter bei Betriebsratswahlen im Einsatzbetrieb auch in das aktive Wahlrecht gem. § 7 S. 2 BetrVG einzubeziehen. Die vertragsbezogenen Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG hingegen seien wie bei Leiharbeitnehmern allein von dem Betriebsrat des Auftraggeberbetriebs wahrzunehmen.
(tl)
Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung - Teil 1
VRiBAG Prof. Dr. Ulrich Koch, SR 2016, 131-142
Im vorliegenden ersten Teil seines Beitrags geht der Autor auf Inhalt, Gegenstand und Reichweite des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein. Geklärt wird auch das Verhältnis zum Gesetz- bzw. Tarifvorbehalt. Darüber hinaus erläutert der Autor die sich aus dem Mitbestimmungsrecht für Betriebsrat und AN ergebende Ansprüche. Dabei findet insbesondere der diesbezügliche Wandel der Rechtsprechung Berücksichtigung. Der zweite Teil des Beitrags wird voraussichtlich in der Ausgabe 2/2017 erscheinen.
(tl)
Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat
RA Dr. Christian Velten, Gießen, NZA-RR 2016, 623-627
Der Verfasser thematisiert die in § 22 MitbestG bzw. § 11 DrittelbG normierten Anfechtungsverfahren für Aufsichtsratswahlen. Neben den Grundlagen und Voraussetzungen der Anfechtung werden auch prozessuale Gesichtspunkte näher beleuchtet. Der Autor erläutert insbesondere die zu berücksichtigenden „Fallstricke“ der Wahlvorschriften und weist auf offene Fragestellungen wie die der Anwendbarkeit des § 167 ZPO hin.
(fd)
Die Datenschutz-Grundverordnung und nationale Regelungsmöglichkeiten für Beschäftigtendatenschutz
Prof. Dr. Marita Körner, Hamburg, NZA 2016, 1383-1386
Die Autorin untersucht die Reichweite des mitgliedstaatlichen Regelungsspielraums auf dem Gebiet des Beschäftigtendatenschutzes auf Grundlage der zum 25.5.2016 in Kraft getretenen und ab dem 25.8.2018 anwendbaren EU-Datenschutzgrundverordnung (VO[EU] 2016/679). Im Ergebnis stellt sie fest, dass der Beschäftigtendatenschutz auch weiterhin national regelbar bleibt. Die Mitgliedstaaten seien dabei allerdings an die Mindestanforderungen der DS-GVO gebunden, die sich vor allem aus Art. 88 Abs. 1 und 2 sowie Art. 9 DS-GVO ergäben. „Nach oben“ sei der nationale Gesetzgeber hingegen weitgehend frei. Möglich sei sowohl eine „kleine“ Lösung durch eine (modifizierte und ergänzte) Fortschreibung von § 32 BDSG als auch eine „große“ Lösung durch ein Beschäftigtendatenschutzgesetz. Eine die Datenverarbeitung rechtfertigende Einwilligung müsse im Beschäftigungsverhältnis wegen der asymmetrischen Vertragskonstellation und der daher in der Regel fehlenden Freiwilligkeit eingeschränkt werden. Nach Ansicht der Autorin können mitgliedstaatliche Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz auch noch nach dem 25.5.2018 erfolgen. Zunächst reiche die Mitteilung eines Regelungsvorbehalts oder einer „kleinen Lösung“ an die Kommission, um später gegebenenfalls ein Beschäftigungsdatenschutzgesetz nachzureichen.
(tk)
Systemverschiebungen durch den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff - Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven
Prof. Dr. Felipe Temming, LL.M (LSE), Hannover, SR 2016, 158-168
Zunächst skizziert der Autor die Ausweitungstendenzen des EuGH bzgl. des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs, um sodann auf die Problematik der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen deutschem und unionsrechtlichem Arbeitnehmerbegriff einzugehen. Die Ausdehnung des Arbeitnehmerbegriffs auf wirtschaftlich abhängige Personen durch den EuGH führe auf europarechtlicher Ebene zu einem zweiteiligen System, welches zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern trenne und damit deutlich vom (unter anderem) deutschem Modell der Dreiteilung aus Selbstständigen, arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und Arbeitnehmern abweiche.
(tl)
Sozialplanansprüche befristet Beschäftigter aus Gleichbehandlung?
RA Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt, Hamburg, NZA 2016, 1446-1449
Der Autor geht der Frage nach, ob sich aus der Entscheidung des EuGH vom 14.9.2016 in der Rs. C-596/14 („de Diego Porras“), die Abfindungsbestimmungen des spanischen Arbeitsrechtstatuts betrifft, für befristete Beschäftigte ein Anspruch auf Sozialplanansprüche ergibt. Der EuGH hatte in dem Ausschluss bestimmter befristet Beschäftigter von den gesetzlichen Abfindungsansprüchen, die das spanische Recht vorsieht, einen Verstoß gegen § 4 der Rahmenvereinbarung im Anhang der RL 1999/70/EG gesehen. Nach Ansicht des Autors steht die Entscheidung dem Ausschluss befristet Beschäftigter von Sozialplanansprüchen nach deutschem Recht nicht entgegen. Die Sozialplanansprüche dienten lediglich dem Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Falle einer Betriebsänderung. Solche entstünden den befristet Beschäftigten durch die Betriebsänderung nicht, soweit ihr Arbeitsverhältnis nicht vor Ablauf der Befristung gekündigt wird. Etwas anderes ergebe sich indes hinsichtlich anderer (zumeist tariflicher) Abfindungsregeln, die nicht an eine Betriebsänderung anknüpfen, sondern stets bei einem nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden Ausscheiden eingreifen.
(tk)
Der Mindestlohnanspruch - Erste Rechtsprechung zum Mindestlohngesetz
RA Prof. Dr. Mark Lembke, LL.M. (Cornell), Frankfurt a.M., NJW 2016, 3617-3623
Der Autor kommentiert die Rechtsprechung zum Mindestlohngesetz. Kritisch widmet er sich insbesondere den Entscheidungen zum Anwendungsbereich des MiLoG sowie zur Rechtsnatur und Wirkungsweise des Mindestlohnanspruchs. Beachtung findet vor allem auch die Frage nach den berücksichtigungsfähigen Entgeltbestandteilen: Berücksichtigungsfähig seien im Ergebnis grundsätzlich alle arbeitsleistungsbezogenen, im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers.
(fd)
(Keine) Vermutungsregelung beim Vorliegen des Pflegegrades 1
RA Dr. Stefan Müller/Marc Becker, Leipzig, BB 2016, 3000-3001
Anlässlich der ab dem 1.1.2017 geltenden neuen Gesetzesfassung des § 19 SGB XI befassen sich die Autoren mit der Vermutungsregelung, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung zunächst in § 19 S. 3 SGB XI vorsah, welche jedoch in der schlussendlich verkündeten Fassung gestrichen wurde. Danach sollte vermutet werden, dass Pflegepersonen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen mit einem festgestellten Pflegegrad 1 in seiner häuslichen Umgebung pflegen, weniger als zehn Stunden wöchentlich pflegen. Die Autoren stellen die Hintergründe der Streichung der Vermutungsregelung aus der endgültigen Gesetzesfassung dar und gehen auf ihre Auswirkungen für die Rechtsanwendung ein.
(sas)
Pflicht des Arbeitgebers zur initiativen Urlaubgewährung?
RA Dr. Paul Gooren, LL.M., Berlin, NZA 2016, 1374-1379
Jüngst haben sich mehrere Landesarbeitsgerichte in der Frage nach einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtgewährung von Urlaub aufgrund fehlender Mitwirkung des AG von der Rechtsprechung des BAG abgewandt. Die LAGs bejahen eine Pflicht des AG, Urlaub auch ohne Antrag zu gewähren. Diese ergebe sich aus der Rechtsprechung des EuGH in diesem Zusammenhang. Nach Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung nimmt der Autor zu dieser These kritisch Stellung. Sodann überprüft er, ob eine entsprechende Arbeitgeberpflicht mittels Auslegung des BUrlG und der Arbeitszeitrichtlinie eine Stütze im Gesetz finden kann. Im Ergebnis sei eine Pflicht zur initiativen Urlaubgewährung zu verneinen.
(tl)
„Behält sich ein Arbeitgeber die Bestimmung von Leistungen gegenüber dem Arbeitnehmer nach billigem Ermessen vor, trägt er prozessual die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Leistungsbestimmung“
RA Dr. Christian Ley, München, BB 2016, 3008
(BAG, Urteil vom 3.8.2016 - 10 AZR 710/14)
(sas)
„EuGH zum Sachgrund der Befristung zur Abdeckung eines zeitweiligen Bedarfs“
RAe Dr. Daniel Hund/Elisabeth Weiss, München, DB 2016, 2729-2730
(EuGH, Urteil vom 14.9.2016 - Rs. C-16/15)
(tl)
„Kosten der Reinigung von Hygienekleidung in Schlachtbetrieben“
RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, BB 2016, 2816
(BAG, Urteil vom 14.6.2016 - 9 AZR 181/15)
(tl)
„Befristung von wissenschaftlichem Personal - Lehrkraft für besondere Aufgaben“
RA Dr. Martin Kock/Sepide Sargeran, Köln/Düren, NJW 2016, 3549-3550
(BAG, Urteil vom 20.4.2016 - 7 AZR 657/14)
(tl)
„Massenentlassung: Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat“
RA Dr. Erik Schmid, München, DB 2016, 2788-2789
(BAG, Urteil vom 22.9.2016 - 2 AZR 276/16)
(tl)
„Kein Recht des Betriebsrates nach §104 BetrVG auf Entfernung missliebiger Geschäftsführer aus dem Betrieb“
RAe Prof. Dr. Michael Kliemt/Michael Weth, Düsseldorf, BB 2016, 2944
(LAG Hamm, Urteil vom 2.8.2016 - 7 TaBV 11/16)
(fd)
„Der betriebliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes: Schwellenwerte und Kleinbetriebsklausel“
RA Dr. Sarah Reinhardt, München, DB 2016, 2908-2909
(BAG, Urteil vom 19.7.2016 - 2 AZR 468/15)
(fd)
„Das vom Arbeitgeber vorformulierte Schuldanerkenntnis nach einer Straftat des Arbeitnehmers“
RAe Stefan Fischer/Maren Jantz, LL.M., Berlin, DB 2016, 2909-2910
(BAG, Urteil vom 21.4.2016 - 8 AZR 474/14)
(fd)
„Der Mindestlohn ist auch für Bereitschaftsdienstzeiten zu zahlen. Ausreichend ist jedoch die rechnerische monatliche Durchschnittsbetrachtung des Bruttolohns, um zu prüfen, ob der Mindestlohnanspruch erfüllt wird“
RA Dr. Christian Ley, München, BB 2016, 2880
(BAG, Urteil vom 29.6.2016 - 5 AZR 716/15)
(tr)
„Vergütung von Fahrzeiten bei Betriebsratstätigkeit“
RAe Dr. Marcel Grobys/Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, München/Berlin, NJW-Spezial 2016, 722
(BAG, Urteil vom 27.7.2016 - 7 AZR 255/14)
(tr)
„Urlaubsgewährung bei Beschäftigungsverbot - Abgeltung“
RAe Dr. Marcel Grobys/Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, München/Berlin, NJW-Spezial 2016, 722-723
(BAG, Urteil vom 9.8.2016 - 9 AZR 575/15)
(tr)
„Steuerschaden bei „vorfälliger“ Abfindungszahlung“
RAe Dr. Marcel Grobys/Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, München/Berlin, NJW-Spezial 2016, 723-724
(BAG, Urteil vom 23.6.2016 - 8 AZR 757/14)
(tr)
„Diskriminierung bei Einstellung“
RAe Dr. Marcel Grobys/Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück, München/Berlin, NJW-Spezial 2016, 724
(BAG, Urteil vom 19.5.2016 - 8 AZR 470/14)
(tr)
„Verfall von Urlaubsansprüchen bei unterlassener Geltendmachung durch den Arbeitnehmer“
RA Dr. Frank Zaumseil, Frankfurt a.M., DB 2016, 2845-2846
(LAG Düsseldorf, Urteil vom 25.7.2016 - 9 Sa 31/16)
(tr)
„Stichtagsklauseln bei Treueboni: Zukünftig Differenzierung nach dem Kündigungsgrund erforderlich?“
RAin Vera Ellger, LL.M., Frankfurt a.M., DB 2016, 2848
(LAG Nürnberg, Urteil vom 1.7.2016 - 3 Sa 426/15)
(tr)
„Hausverbot für freigestellte Personalratsmitglieder grundsätzlich unzulässig“
RA Alexander Maximilian Kossakowski, Düsseldorf, DB 2016, 2847
(VG Mainz, Beschluss vom 14.10.2016 - 5 L 989/16.MZ)
(tr)